Rhabarber
Rhabarber, dessen frische Blattstiele in den Zeiten, als Interkontinentalimporte von frischem Obst noch nicht an der Tagesordnung waren, sehnsüchtig als das erste frische Kompott erwartet wurden, ist eigentlich ein Gemüse. Die Heimat der eigenartigen Pflanze aus der Familie der Knöterichgewächse, deren Wurzel heilkräftig und deren Blattstiele essbar sind, liegt in den Hochebenen Chinas und Tibets. Die fleischigen Wurzeln des chinesischen Rhabarbers haben eine Jahrtausende alte Tradition als Arznei.
Bereits um Christi Geburt wurden getrocknete Rhabarber-Wurzeln international gehandelt. Von China gelangten die Rhabarberstauden in die Wolgagegend nach Russland, von dort nach England. In Europa hatte das großblättrige Knöterichgewächs es zunächst schwer, akzeptiert zu werden, doch nach kaum 200 Jahren schlossen die Engländer die „pie plant“ in ihr Herz.
Seine Fruchtsäuren wirken erfrischend und durstlöschend, sein Gehalt an Oxalsäure verursacht den sauer-zusammenziehenden Geschmack und ist der Grund, weshalb Rhabarber nicht roh und nicht in großen Mengen verzehrt werden sollte. Die alte Tradition, ab Johanni (24. Juni) keinen Rhabarber mehr zu ernten, ist auch heute noch sinnvoll, da einerseits der Oxalsäuregehalt zum Sommer hin stetig ansteigt und andererseits die Pflanze eine Erholungs- und Assimilationsphase braucht. Jedoch können neue späte Sorten wie die fruchtige 'Frambozen Rood', die oft als Himbeer-Rhabarber oder Erdbeer-Rharbarber bezeichnet wird, die Erntezeit verlängern. Wegen des Oxalsäuregehaltes ist es ratsam, Rhabarber mit Milchprodukten zu kombinieren, da das in der Milch enthaltene Kalzium die Oxalsäure bindet.
Aus Rhabarber bereitet man Kompott, Marmelade, Kuchen, Desserts oder Saft. Er eignet sich hervorragend als Kuchenbelag. Seine herbe Säure empfiehlt ihn für ein herzhaft-würziges Chutney. Hier bietet sich die Kombination mit Chili, Knoblauch und Ingwer an. Besonders in England wird Rhabarber auch sehr gerne als säuerliches Gemüse zubereitet. Mit ein wenig Phantasie lässt sich Rhabarber kreativ kombinieren. Er passt zu Erdbeeren, Orangen, Zitronen oder Bananen und wird durch Wein, Vanille, Zimt, Ingwer oder Nelken verfeinert.
Leider braucht Rhabarber ziemlich viel Honig oder Zucker, um die Säure zu kompensieren. Löst man den zuerst in wenig Flüssigkeit auf und gibt erst anschließend die von ihren Fäden befreiten Rhabarberstückchen dazu, zerfallen diese nicht so leicht. Nur kurz bei kleiner Hitze dünsten. Rhabarberkompott passt prima zu Vanilleeis oder -pudding.
Zur Ernte sollten die fleischigen Stängel mit einer drehenden Bewegung vom Stock gelöst werden – niemals sollte geschnitten werden, da dies Infektionsstellen gibt. Einen besonderen Genuss verspricht der zarte, gebleichte Rhabarber, der im bäuerlichen Garten eine lange Tradition hat. Dazu stülpt man im zeitigen Frühjahr noch vor dem Austrieb einen lichtundurchlässigen Eimer oder einen "Meerkohlbleicher" aus Ton über die Pflanze. Die nach einigen Wochen erscheinenden bleichen Stiele sind ganz besonders zart und mild.
Der Herbst ist die beste Jahreszeit, um Rhabarber zu pflanzen. Die dekorative Staude mit Küchenwert bevorzugt feuchte, durchlässige, nährstoffreiche Böden. Die Rhabarber-Ballen so pflanzen, dass die Augen knapp unter der Erdoberfläche sitzen. Den Boden gegebenenfalls mit Kompost verbessern. Nach der Pflanzung gut festdrücken oder antreten und angießen. Jährlich im Herbst oder zeitigen Frühjahr mit einer ca. 3 cm starken Mulchschicht aus Kompost versorgen. Die Ernte ist ab dem zweiten Jahr nach der Pflanzung möglich. Bei Neupflanzung bitte den Standort wechseln. Wer den Ratschlägen der meisten Gartenbücher folgt und die Blütenstiele regelmäßig entfernt, verpasst das Schauspiel der prächtigen Rhabarberblüte. Ob man sich die Pracht nicht wenigstens bei einer Pflanze gönnen sollte?