Paradiesvögel auf Unkraut: Distelfinken
Ein Papagei im Garten! Kommen Besucher, die wenig Erfahrung mit Vögeln haben sind sie oft erstaunt über den knallgelb-rot-bunte Piepmatz im Gebüsch. Wenn die Eselsdisteln und Kratzdisteln blühen, kommt er regelmäßig her und futtert sich satt. Distelsamen sind seine allerliebste Leibspeise – und so heißt er auch: Distelfink. Sein zweiter Name ist »Stieglitz«, was sich von seinem typischen Ruf »stieglitt« ableiten soll. Der Vogel ist allerdings kein entflogener Exot, sondern ein ganz normales einheimisches Wildexemplar. Das erstaunt den Besuch oft noch mehr. So einen Vogel haben viele noch nie gesehen, im eigenen Garten schon gar nicht.
Das ist gut möglich und hat vermutlich folgende Gründe: Distelfinken lieben sehr große Bäume, die gibt es selten in Reihenhausgärten. Nistkästen an der Garagenwand sind nichts für sie. Hoch oben in einer Astgabel baut sich Frau Distelfink ihr Nest, kunstvoll gewunden und gepolstert aus Halmen, Stängeln, Blättern, Moos und kleinen Wurzeln. Auch das findet sich nicht in jedem Garten. Wurde er ordentlich frühlingsfein gemacht, schon mal gar nicht.
Die Distelfinkdame praktiziert serielle Monogamie
Die Distelfinkdame praktiziert serielle Monogamie: Jede Brutsaison erwählt sie einen neuen Mann, der ihr Essen bringt, während sie brütet und der dann später mit ihr zusammen die hungrigen Kinder mit Futter versorgt. Deshalb: keine Angst vor Disteln. Die sind sowieso ökologisch ganz toll. Eine üppige Nahrungsquelle für Hummeln und Bienen, Käfer und Schmetterlinge, und viele andere ganz kleine Tierchen, die dann wiederum Marienkäfer und andere Räuberische anziehen. An ihren Blättern fressen Schmetterlingsraupen, der Distelfalter trägt es sogar im Namen. Es gibt so viele Arten, dass allein Disteln einen Garten bunt und blühend gestalten könnten und die Tierwelt wäre auch noch glücklich. Sie an der befürchteten unkontrollierten Ausbreitung zu hindern, ist ganz einfach. Viele Arten sind zweijährig. Die kleinen Rosetten aus pieksigen Blättern, die sie im ersten Jahr bilden, lassen sich leicht jäten, da wo sie stören. Wo sie nicht stören, bleiben sie stehen. Werden groß und blühen und bilden jede Menge fluffige Flugsamen und locken Distelfinken an. Wer sich damit nicht anfreunden kann: Distelfinken lieben nicht nur Disteln, sondern auch Karden und andere Korbblütler.
Zu übersehen sind die Vögel kaum. Sie sind wirklich erstaunlich bunt. Dazu gibt es eine herzallerliebste Anekdote, die das erklären soll. Der Stieglitz war beschäftigt und kam zu spät, als Gott die Farben an die Tiere verteilte. »Jetzt musst du ohne Farbe bleiben, ich habe keine mehr«, sagte Gott dem Vogel, als er dann doch noch auftauchte. Der Stieglitz hatte aber eine Idee: »In jedem Topf ist doch noch ein Rest. Den malst du mir aufs Gefieder.« So wurde der Distelfink so bunt wie ein Papagei; und sein Gefieder leuchtet schon von weitem durch den Garten.