Wolfgang Kautz –
Meister der Rittersporn-Kultur und großer Menschenfreund
Ein leichter Start ins Leben war das sicher nicht: Wolfgang Kautz wurde 1943, also mitten im Krieg im schlesischen Bunzlau geboren. Gerade einmal zwei Jahre alt, folgte die Vertreibung. Die Mutter musste mit dem kleinen Wolfgang und den größeren Geschwistern fliehen. Nach verschiedenen Stationen fasste die Familie in Parchim (Mecklenburg-Vorpommern) Fuß, wo Wolfgang Kautz seine Gärtnerlehre absolvierte. Darauf folgte der Meisterkurs an der Fachschule Werder/Havel. Dort lernte er seine zukünftige Frau kennen (eine geborene Sperling). Sie arbeitete im auch zu DDR-Zeiten berühmten und lange noch privat geführten Betrieb von Karl Foerster in Potsdam-Bornim und studierte in Werder berufsbegleitend Gartenbau. Nachdem Wolfgang Kautz seinen Abschluss in der Tasche hatte, wurde geheiratet, »Kautz« und »Sperling« feierten »Vogelhochzeit«.
Als Nachwuchs unterwegs war, stellte sich einerseits die drängende Frage nach einer größeren Wohnung, andererseits konnte Wolfgang Kautz' Ehefrau ihre Arbeit im Foersterschen Betrieb aufgrund der Mutterschaft erst einmal nicht fortsetzen. Da dort jedoch eine Dienstwohnung für Mitarbeiter existierte, gab Wolfgang Kautz kurz entschlossen seine gut dotierte Arbeit in einem nahen Gartenbaubetrieb auf und übernahm die Stelle seiner Frau bei Foerster. So konnte die junge Familie in die kleine Dienstwohnung unterm Dach im berühmten Haus am Raubfang in Potsdam-Bornim einziehen. Die Bezahlung als Brigadeleiter der Vermehrungsabteilung im inzwischen verstaatlichten »Volkseigenen Gut Bornimer Staudenkulturen« war allerdings so bescheiden, dass es für ihn (und seine Kollegen) ohne Zuverdienst hinten und vorn nicht reichte. Es gab deshalb eine Absprache, das magere Gehalt legal mit in Heimarbeit kultivierten Stauden aufzubessern, die an den Betrieb verkauft wurden.
Und so kam Wolfgang Kautz zu seiner lebenslangen Liebe zu den Ritterspornen, die bis heute unvermindert fortbesteht. Seine Kollegen im Betrieb hatten sich längst leichter und schneller vermehrbare Staudengattungen für die lukrative private Nebenarbeit gesichert. An Rittersporne, diese als kapriziös und launisch geltenden »Diven«, traute sich bisher niemand heran. Der damals schon betagte Karl Foerster, selbst großer Freund und überaus erfolgreicher Züchter von Ritterspornen, erkannte das gärtnerische Können und Geschick seines neuen Mitarbeiters, dem er auch menschlich sehr gewogen war. Er riet ihm »mach Rittersporn, den kann nicht jeder.« Und so kam es, dass es Wolfgang Kautz in der Kultur und Vermehrung von Ritterspornen über die Jahre zu einer Meisterschaft gebracht hat, wie wohl niemand zuvor.
Nach Foersters Tod hielt es ihn nicht mehr lange in der Gärtnerei, er wechselte ans Botanische Institut in Potsdam, wo er Versuchskulturen betreute. Den Ritterspornen ist er jedoch bis heute treu geblieben. Er verkauft sie auf Märkten und an ausgewählte Gärtnereien. Noch heute, mit mittlerweile 77 Jahren, kultiviert er etliche eigene Auslesen und Foerster-Sorten auf seinen Anbauflächen in Potsdam-Bornim. Die bei ihm entstandene 'Augenweide' gilt sogar als die gesündeste Rittersporn-Züchtung weltweit. Auch in den letzten Jahren wurden von ihm noch vielversprechende, hochinteressante Sorten ausgelesen. Einige davon dürfen wir hier bei uns auf der Illertisser Jungviehweide beobachten und hoffentlich auch einführen, wenn sie die in sie gesetzten Erwartungen erfüllen – woran wir keinen Zweifel hegen!
Aber nicht nur die Liebe zu den Ritterspornen teilt Wolfgang Kautz mit seinem Mentor und verehrten Vorbild Karl Foerster. Wie Foerster ist auch Kautz ein großer Menschenfreund. Seit 1990 erwirbt er mit den Erlösen seiner Rittersporn-Kulturen Hilfsgüter, die er mehrmals im Jahr persönlich nach Rumänien fährt. Dafür hat er sogar Rumänisch gelernt und kann sich auch in der Sprache der in Rumänien besonders diskriminierten und meist bitterarmen Sinti und Roma verständigen.
Ein weiteres von ihm unterstütztes Projekt ist eine Armenküche in Jerusalem, die von Dr. Hillel Goldberg und seinen Söhnen finanziert und geleitet wird. Da schließt sich ein Kreis: Der Jude Hillel Goldberg hat vor langer Zeit den damals siebenjährigen Wolfgang Kautz nach dem Krieg und der Vertreibung aus Schlesien vor dem Verhungern gerettet.
Wir schätzen uns glücklich, Wolfgang Kautz seit ungezählten Jahren freundschaftlich verbunden zu sein.
Illertissen, April 2021
Und noch etwas, liebe Leserinnen und Leser: Wie ist das nun mit den Ritterspornen, sind sie wirklich so divenhaft und kapriziös? Wir finden, ihre einzigartige Schönheit, das »hohe C« im Garten, wie Wolfgang Kautz es einmal sagte, ist auf jeden Fall einen Versuch wert. Wie es gelingt, den »blauen Schatz der Gärten«, wie Karl Foerster die Rittersporne poetisch nannte, erfolgreich zu kultivieren, erfahren Sie hier.