Pflanzennamen

Wir haben in dieser Rubrik Texte mit spannenden und wissenswerten Details zu den Namen einiger Stauden zusammengestellt und bauen diese Textreihe nach und nach weiter aus. Viel Spaß beim Lesen!


Nomen est Omen - Ein kleiner Exkurs zur Benennung von Pflanzen

Warum botanische Namen?

Viele Pflanzen haben bereits im Deutschen unterschiedlichen Namen - für Akeleien etwa finden sich regionale Bezeichnungen wie »Elfenhandschuh«, »Frauenhandschuh«, »Venuswagen«, »Fünf Vögerl zsamm«, »Manzelsblume« und sogar »Schlotterhose«. Wer würde da noch durchfinden?

Nur durch international geltende botanische Namen sind die Pflanzen eindeutig identifizierbar. Gut, dass der Schwede Carl von Linné (1707-1778) das System der botanischen Nomenklatur konzipierte. Das Geniale am botanischen Namenssystem ist, dass die einzelnen Namen bereits Informationen über die Verwandtschaftsverhältnisse innerhalb des Pflanzenreiches geben. Bei deutschen Pflanzennamen ist das nicht der Fall; hier führen die Bezeichnungen nämlich schon einmal in die Irre. So sind etwa »Stockrosen« Stauden die zu den Malvengewächsen gehören und mit Rosen nicht verwandt, oder »Schwertlilien« gehören zu den Irisgewächsen und nicht zu den Lilien.

Zwei Namensteile

Jeder botanische Name ist zweigliedrig (= binär). Als erstes wird eine Pflanzengattung (= Genus) benannt - beispielsweise Iris. Pflanzen einer Gattung sind miteinander nahe verwandt und lassen sich zuweilen sogar miteinander kreuzen. Der zweite Namensteil (= Epitheton; übersetzt »das Hinzugefügte«) beschreibt eine einzelne konkrete Pflanzenart. Ein Beispiel wäre Iris sibirica, die Wiesen-Iris.

Altsprachler haben es leicht

Bei der Entstehung der Pflanzensystematik waren Latein und Altgriechisch die internationalen Sprachen der Wissenschaftler. Daher finden sich vorwiegend Begriffe aus diesen beiden alten Sprachen in den Namen, die übersetzt meist Eigenschaften beschreiben - etwa »nana« für »zwergenhaft, klein, niedrig«. Sehr oft finden sich auch latinisierte Namen von Orten an denen die Pflanze ursprünglich wächst (oder man annahm, dass sie aus dieser Region stammt) in botanischen Artnamen - allerdings können sie irreführend sein. Iris sibirica etwa ist auch in Europa heimisch; oder ein Epitheton »sinensis« oder »chinensis« verweist nicht zwingend auf einen natürlichen Ursprung aus China, sondern aus Ostasien allgemein. Auch Namen von Menschen, die mit der Beschreibung einer Pflanze geehrt werden sollen, etwa Forscher oder Prominente, sind nicht selten. Sie werden ebenfalls meist in eine lateinische Form umgewandelt.

Ein Kreuz mit dem Kreuz

Mitunter finden sich bei botanischen Namen Schreibweisen in denen ein Gattungsname vom Epitheton durch ein x getrennt wird. Das ist ein Hinweis darauf, dass es sich nicht um eine reine Ausgangsart handelt, sondern um eine Vermischung zweier nahe verwandter Arten. Ein solcher Bastard (der Begriff ist keine Abwertung!) ist oft auf natürliche Weise zustande gekommen und/oder vermehrt sich bereits generationenlang wie eine eigene Art selbst durch Aussaat, ohne dabei seine wesentlichen Eigenschaften zu verlieren. Iris x sambucina, die Holunder-Iris, ist ein solcher Fall. Die Arten Iris pallida und Iris variegata fungierten hier als Eltern.

Der erste Name gilt, doch Verwandtschaft geht vor!

Es ist stets der Name gültig, der als erstes von einem Wissenschaftler für eine neu beschriebene Pflanzenart gefunden und registriert wurde. So kann es vorkommen, dass bei Nachforschungen eine bekannte Benennung ausgetauscht werden muss, wenn sich herausstellt, dass die betreffende Pflanze früher mit einem anderen Namen belegt wurde. Noch wichtiger ist der Anspruch, dass Pflanzennamen ja gleichzeitig eine Zuordnung der Art in das auf Verwandtschaften beruhende botanische System markieren. Je feiner etwa genetische Analysen werden, desto sicherer ist diese Zuordnung - und dabei fallen auch Fehler auf. Was für Wissenschaftler »nur« ein Federstrich ist, kann Staudengärtnereien und Hobbygärtner vor Probleme stellen, da sie ständig ihre Listen - gedruckt oder im Internet - ändern müssten. Wir richten uns grundsätzlich nach dem botanischen Standardwerk »Zander«, der in gewissen Abständen aktualisiert wird. Aber gelegentlich behalten auch wir pragmatisch besonders geläufige botanische Namen wie gewohnt bei und nennen die neuen Bezeichnungen als Synonym.

Namen für Züchtungsergebnisse

Die meisten Gartenpflanzen wurden mehr oder weniger stark von Menschen ausgelesen oder gezüchtet. Eine neue Züchtung aus zwei Elternarten oder -sorten wird allgemein als Cultivar, Hybride oder Sorte bezeichnet. Eine Hybride oder Sorte die allgemein angeboten wird, bekommt einen frei wählbaren Fantasienamen vom Züchter. Handelt es sich um eine Züchtung oder Selektion innerhalb einer Art, wird der Name in einfachen Anführungszeichen dem botanischen angehängt - beispielsweise Iris sibirica 'Elfe'. Setzt sich die Züchtung aus zwei bekannten unterschiedlichen Wildarten zusammen, wird in vielen Fällen auch das Epitheton verändert. Dazu ziehen die Botaniker dann Namensteile aus den beiden Arten zusammen. Eine Kreuzung aus Iris sibirica und Iris setosa wird dann zur Iris x sibtosa.

Notwendige Gruppierung

Das Züchtungsgeschehen bei einigen Gartenpflanzen ist im Laufe der Jahre so komplex geworden, dass es nicht mehr möglich ist, neue Sorten auf eine oder zwei Ursprungsarten zurück zu führen. Die beliebten Bartiris sind hier ein sehr gutes Beispiel. Sie stammen von wilden Irisarten ab, deren Blüten den markanten »Bart« auf den Hängeblättern aufweisen, etwa Iris germanica, Iris pallida, Iris variegata, Iris reichenbachii und wildartig wachsenden Naturhybriden wie Iris x sambucina oder Iris x flavescens. Züchtungen von Bart-Iris werden als Iris x barbata bezeichnet. Diese teilt man nach Aussehen wiederum grob in drei Gruppen ein: Niedrige gehören zur Nana-, mittelhohe zur (Inter-)Media und hohe zur Elatior-Gruppe. Diese Namen werden gängigerweise verkürzt zusammengezogen – so kommt es etwa zum Namen von Iris barbata-elatior 'Superstition'.

Synonyme bei Sorten

Auch bei Sortennamen kommen Doppelbenennungen vor und das kann unterschiedliche Gründe haben. Die beliebte Geranium-Sorte 'Rozanne' etwa wurde eine Zeit lang auch als 'Jolly Bee' angeboten; mittlerweile ist aufgrund züchterrechtlicher Entscheidungen nur noch 'Rozanne' zulässig. Kursieren mehrere Namen für eine Sorte, geben wir auch hier die Synonyme noch an, um eine Suche zu erleichtern. Glücklicherweise sind das alles aber Ausnahmen - der bei weitem größte Teil von Staudenarten und -sorten lässt sich von Profis und Laien eindeutig bestimmen.