Veilchen

Die Veilchen, insbesondere das Wohlriechende oder Märzveilchen, müssen die Menschen schon seit eh und je fasziniert und beschäftigt haben. Die griechische Mythologie berichtet, dass eine für ihre Schönheit bekannte Tochter des himmeltragenden Gottes Atlas vom Sonnengott verfolgt wurde. Die spröde Schönheit floh jedoch vor ihm und bat Zeus um Beistand. Er hatte Mitleid und verwandelte das Mädchen in ein Veilchen. Geschützt vor den Strahlen des Sonnengottes wächst es seitdem im Gebüsch des Waldes.

Viola odorata 'Donau'

Das Veilchen im Brauchtum

Im antiken Griechenland erhielten an einem bestimmten Frühlingstag alle Kinder, die älter als drei Jahre waren, einen Veilchenkranz. Dies war ein e rührende Geste der Dankbarkeit, denn die Kindersterblichkeit in der Antike war groß. Im Wien des 12. Jahrhunderts war es Brauch, im März in den Donauauen das erste Veilchen zu suchen. Der Finder hatte sogleich den Herzog zu benachrichtigen, der dann mit seinem ganzen Hofstatt hinauszog um das Veilchen als Frühlingsboten feierlich zu begrüßen.

Das Veilchen in der Literatur

Mit Ausnahme von Rosen und Lilien ist wohl am meisten über das Veilchen geschrieben worden. Sprichwörtlich ist dabei Demut und Bescheidenheit, die mit dem Veilchen, das »im Verborgenen blüht«, assoziiert worden. Das Veilchen wurde von den größten Dichtern besungen und kaum ein Poesiealbum kam ohne Sinnsprüche wie »Sei wie das Veilchen im Moose…« aus.

Von dem Dichter und Gärtner Goethe wird berichtet, dass er auf seinen Spaziergängen rund um Weimar stets Veilchensamen in der Rocktasche mitführte, um diese an geeigneten Stellen auszusäen und so seine geliebte Pflanze zu verbreiten:
»Das gute Veilchen schätze ich sehr: Es ist so gar bescheiden – und duftet so schön.«

Shakespeare schöpfte oft aus Mythologien, so lässt er Leartes in Hamlet wünschen:
»Es mögen Veilchen aus Ophelias Körper sprießen – voller Würze, nicht dauerhaft, lieblich, nicht beständig – der Duft und das Gewähren einer Minute.«

»Der Frühling kommt, der Himmel lacht, es steht die Welt in Veilchen!«

schwärmte Theodor Storm.

Der große deutsche Gärtner und Gartenschriftsteller Karl Foerster schwärmt von Wolken kühler, warmer und heißer Veilchendüfte und bezeichnete einen Frühlingsgarten ohne Veilchen als lächerlich:
»Es ist etwas ganz anderes, ob Veilchen schon zur Februar-/März-Wende oder Ende April im Zimmer duften oder ob sie im Herbst und Spätherbst ihre verwandelten fruchthaften Düfte durch Blattmodergerüche schwimmen lassen.«

Nikolaus Lenau berichtet poetisch:
»Ein Veilchen auf der Wiese stand an Baches Rand, und sandte ungesehen bei sanftem Frühlingswehen süßen Duft durch die Luft.«

Das Veilchen als Heilpflanze

Im Mittelalter zählten die Veilchen zu den bedeutendsten Heilpflanzen. Erst später wurde zwischen den einzelnen Arten unterschieden. Aus der artenreichen Gattung mit vielen charmanten, oft duftenden Frühlingsboten stellen wir Ihnen hier zwei Arten vor, die eine besondere Tradition als Heilpflanze haben.

Viola odorata

Bereits bei den Römern galt das Duftveilchen als beliebtes Katermittel. »Dem, der getrunken hat und nun am Rausch leidet sowie an schwerem Kopf, verjagt diese Qual der Duft von Veilchen: Er braucht nur an ihnen zu riechen oder sein Haupt mit ihnen zu bekränzen«, heißt es im Macer floridus. Später wurde das duftende Veilchen gegen Fieber, Kinderkrankheiten, Kopfschmerzen und Husten empfohlen. Es gehörte zu den erweichenden Kräutern wie auch Eibisch, Malve, Bingelkraut und Glaskraut. Gemeinsam mit Ochsenzunge, Borretsch und Rosen wurden Veilchenblüten zu den vier herzstärkenden Wassern gezählt. In der Aromatherapie soll der Veilchenduft Aggressionen dämpfen sowie schlaffördern und beruhigend wirken. Am besten gefällt uns allerdings eine nebenwirkungsfreie Rezeptur, die frische Veilchenblüten, mit Orangenkonfitüre vermisch, als Nervenberuhigungsmittel empfiehlt. Wenn da der Stress nicht auf der Strecke bleibt.

Viola tricolor

Das wilde Stiefmütterchen gilt seit alters her als eines der besten Blutreinigungsmittel, besonders bei Hautproblemen. Feldstiefmütterchen enthalten vor allem Salicylsäure, Saponine, Gerbstoffe, Schleimstoffe und ätherische Öle. Ein Aufguss der Sprossteile – innerlich oder äußerlich angewendet – kann bei chronischen Hautleiden und zur sanften Stimulierung des Kreislauf- und Immunsystems Anwendung finden. Das Kraut hat harntreibende Wirkung. Es wird auch bei Erkrankungen der Luftwege, bei Bronchitis und Husten als auswurfförderndes Mittel verwendet.

Geschichtliches

Aus dem Duftveilchen lässt sich ein Sirup gewinnen, der genau wie Lackmusspapier als chemischer Indikator benutzt werden kann. Veilchenduft wird in der Parfümherstellung geschätzt, obwohl der Veilchenduft bis zum 19. Jahrhundert und noch heute nicht aus Veilchen, sondern aus der s. g. Veilchenwurzel, den Rhizomen von Iris germanica 'Florentina' gewonnen wurde und wird.

Im 18. Jahrhundert betrieb ein französischer Edelmann eine Veilchengärtnerei eigens dafür, seiner großen Liebe ganzjährlich täglich ein Sträußchen Veilchen schicken zu können – und dies dreißig Jahre lang. Sie pflegte sich aus den Blüten allabendlich ihren Schlaftee zu bereiten. Noch zur Wende vom 19. Zum 20. Jahrhundert galt als Veilchen als große Modepflanze. Veilchensträuße schmückten das Knopfloch jedes Büroangestellten. Zahlreiche oft besonders langstielige und großblütige Sorten wurden von speziellen Gärtnereien on großen Mengen gezüchtet und vertrieben, um den Bedarf von Veilchen als Schnittblumen befriedigen zu können. Als das Veilchen an Bedeutung verlor, verschwand auch eine Vielzahl von Sorten, so dass nur einige wenige bis in die heutige Zeit überlebt haben.

Gärtnerisches

Mit mehr als 500 Arten und vielen Unterarten ist die Gattung recht umfangreich. Sie ist weltweit verbreitet und umfasst einjährige und staudige Kräuter und Sträuchlein. Die Samen sind mit Zucker bzw. fetthaltigen Anhängseln versehen, weswegen sie gerne von Ameisen verschleppt und verbreitet werden.