Der Vollherbst und seine Gerüche

Mit meist allmählich sinkenden Temperaturen gehen auch die Jahreszeiten gleitend ineinander über. Kommt es aber zu kräftigem Temperaturfall, gar zu ersten stärkeren Nachtfrösten, kann sich das Bild grundlegend wandeln: Laubwälder, Alleen und Gärten legen ein buntes Kleid an.

Und das ist ein untrügliches Zeichen für den Vollherbst. Als weitere Zeichen fallen die reifen Früchte der Stieleichen und Rosskastanien deutlich auf.

In den Gärten und auf den Obstplantagen setzt die Ernte der späten Äpfel und Birnen ein, die Winzer ernten Trauben. Obstige, gärige Gerüche machen sich breit, machen schon trunken, bevor der Wein fertig ist.

Auf den Feldern beginnt die Ernte des Silomais. Dabei werden die noch fast grünen Stängel mit dem Kolben gehäckselt und anschließend unter Luftabschluss zu Sauerkraut für die Rinder vergoren. Da duftet es zweimal: Die Stängel enthalten eine Menge Zucker. Und beim Zerschlagen entströmt ihnen ein zuckerrohr-ähnlicher sehr intensiver Geruch. Die Silage selbst riecht entweder angenehm sauerkrautartig, wenn sie gelungen ist, oder sie stinkt bestialisch, wenn die Abdeckung nicht dicht war und Sauerstoff eingedrungen ist.

Auch die Kartoffelernte war früher ein Fest für die Nase. Wenn das Kraut verbrannt wurde, zogen Geruchsschwaden über das Land. Manchmal nahrhaft durchsetzt, wenn irgendwo in der Glut Kartoffeln gegart wurden.

Nahrhaft riecht es auf jeden Fall in den Gemüsegärten. Lauch und Sellerie, Kraut und Rüben geben ein ganzes Potpourri herber, würziger, erdiger Gerüche ab. Und wo man Gemüse erntet, konserviert, einlagert oder einmietet, sind solche Wohlgerüche selbstverständlich.

Merkwürdig, aber der Vollherbst bietet immer wieder ähnliche Gerüche an, Gerüche die etwas morbide sind, manchmal schon das Ende des Jahres ahnen lassen. Dazu gehört der Geruch der frischen Walnüsse und ihrer platzenden grünen Schalen. Nicht unangenehm, aber melancholisch! So wie auch die Chrysanthemen, die neben Astern und späten Rudbeckien den Garten ein letztes Mal in ein großes Farbenfest tauchen.

Chrysanthemen muss man anfassen, damit ihr herber Duft, der vor allem in den Blättern steckt, frei wird. Solche „Berührungsdufter“ versorgen uns noch lange, ja selbst durch den Winter hindurch mit Wohlgeruch. Lavendel und Salbei, Thymian und Bergbohnenkraut, Weinraute, Skimmia und viele andere – sie alle lassen uns in der späten Jahreszeit nicht im Stich und versorgen uns mit dem Wohlgeruch ihrer Blätter und Stiele.



Vollherbstdufter

im Wald

noch Pilzgerüche
feuchtes Laub

auf den Feldern

Silomaisernte
früher Kartoffelfeuer

auf den Weinbergen

Traubenduft
Gärgeruch

auf Obstplantagen

Duft von Äpfeln, Birnen
und späten Zwetschgen

in Gemüsegärten

Geruch bei der Gemüseernte