Rosenblüte Ende April
Ein Beitrag von Wolfram FrankeAn einem der letzten sonnigen Apriltage traute ich meinen Augen nicht. Ich ließ gerade in Gedanken versunken meinen Blick durch den Garten schweifen, da sah ich ganz oben in der Rosenlaube etwas Rotes hervorstechen, eine Rosenblüte. Bevor ich den Namen der Rose verrate, muss ich meine Rosenlaube kurz beschreiben. Das Gerüst besteht aus vier im Quadrat angeordneten lebenden Weidenstämmen, deren Spitzentriebe ich von rechts nach links und umgekehrt sowie diagonal miteinander verflochten habe. An jedem dieser Stämme wächst nun eine jeweils andere Ramblerrose empor, deren lange Triebe kreuz und quer das ganze Weidengerüst überwachsen. Zur Rosenzeit im Juni blühen sie alle zusammen.
Eine Rosensorte anno 1883
Doch diese hier ist besonders früh dran, ihr Name: Rosa inermis 'Morletti'. Die Triebe dieser Ramblerrose erreichen mühelos eine Länge von fünf Metern! Bei dieser Rose fällt mir wieder einmal der abfällige Satz mancher Gartenfreunde ein »die blüht ja nur einmal!« Ja, das trifft auch auf die 'Morletti' zu. Bis auf eine Rose blühen alle Rosen in meinem Garten nur einmal im Jahr. Und denen das nicht gefällt, kann ich nur die reichlich abgedroschene rhetorische Frage stellen, ob sie denn von einer Forsythie oder einem Rhododendron auch erwarten, dass die den ganzen Sommer hindurch blühen.
Die Reize der Rosen
Meine 'Morletti' zum Beispiel zeigt vom Frühling bis in den Herbst hinein all ihre Reize: Im Frühjahr bringen ihre Triebe einen wunderschönen rostroten Austrieb hervor. Auch die jungen, in diesem Jahr heranwachsenden Triebe kleiden sich mit einer dunkelroten Rinde. Sie sind übrigens völlig stachellos! Und dann die in üppiger Fülle erscheinenden, locker gefüllten magentarosa und duftenden Blüten – ein Traum! Macht nichts, dass diese Pracht nicht allzu lange anhält. Dafür werde ich später mit den warmen Farben ihrer herbstlichen Blätter belohnt, die von Orangerot bis zu tiefem Weinrot reichen. Da vermisst man den fehlenden Hagebuttenschmuck nicht.
Ein bisschen Sternrußtau bekommt sie schon im Sommer. Aber der Befall ist so gering, dass ich ihn getrost ignorieren kann. Die Winter hat sie bei mir in gut 20 Jahren immer schadlos überstanden.
Fitness durch Schneiden
Ich halte meine 'Morletti' fit, indem ich von Zeit zu Zeit einen älteren Trieb, dessen Rinde grau und rissig geworden ist, an der Basis abschneide und die lange Rute mit alle ihren Nebentrieben herausziehe. So schaffe ich den anderen Rosentrieben Freiraum und rege meine Rose zu neuem Austrieb an. Dank der stachellosen Triebe ist das Schneiden dieser Rose fast schon ein Vergnügen.
Kratzige Nachbarn
Die anderen drei Rambler sind da schon etwas kratzbürstiger, vor allem 'Albertine' deren Stacheln mich schon wie eine Katzenpfote mit ausgefahrenen Krallen verletzt haben. Doch diese Stacheln sind auch schön, also verzeihe ich ihr so manchen Kratzer, zumal die rosafarbenen halb gefüllten Blüten auch duften. Die fast weiß blühende 'Madeleine Selzer' ist da viel zahmer, und die vierte im Bunde, die bekannte 'Ghislaine de Feligonde' ist, was die Bewehrung betrifft, fast schon sanftmütig.
Aber meine 'Morletti ' ist mir die liebste von den Vieren. Und dieses Jahr hat sie sogar schon Ende April ihre erste Blüte gezeigt!
Text und Fotos: Wolfram Franke