Immergrün-Freuden

Text: Christian Seiffert
Foto Vinca minor und Efeu: Christian Seiffert
Fotos: Staudengärtnerei Gaißmayer

Meines Vaters Versuche in Jamlitz Immergrün anzusiedeln, schlugen fehl. Damals, das ist nun schon 80 Jahre her, war der Kiefernwald lebensfeindlich. Der Boden hatte nur eine hauchdünne Humusschicht, darüber braune Kiefernnadeln. Vergeblich wäre die Suche nach irgendeinem Unterwuchs gewesen. Faszinierend ist, wie dieser Wald sich verändert hat. Kiefern wurden als Bauholz gebraucht, Kiefern starben altersschwach ab, in letzter Zeit mangels Grundwasser. Auf den lichten Stellen machten sich Laubgehölze breit, an erster Stelle Spitzahorn und Eichen, daneben Robinien, und einige Buchen, ja sogar Walnüsse. Mit den Laubbäumen, mit ihrem Falllaub, wurde der Boden lebendig. Unterwuchs entstand: Schöllkraut (Chelidonium majus) und das Kleinblütige Springkraut (Impatiens parviflora) breiteten sich aus, unerklärlicher Weise tauchte als Gartenflüchtling auch das Einjährige Silberblatt (Lunaria annua) auf. Vögel sorgten für Mahonien (Mahonia aquifilia) und Eiben (Taxus baccata). Leider hat sich inzwischen der Efeu (Hedera helix) heftig ausgebreitet. Davon später.

Reich mit Immergrün ausgestattet ist unser Garten in Eresing. Eine lichte, stark geschwungene Waldpartie in Ortsnähe hat eine große geschlossene Fläche Vinca minor. Lässt man der Phantasie freien Lauf, dann ahnt man dort römisches Siedlungsareal. Denn es heißt, dass das Kleine Immergrün mit den Römern über die Alpen gekommen ist. Eine Zweitbesiedlung soll es rund um mittelalterliche Bauten wie Burgen geben.

Immergrün gibt es nun seit 15 Jahren auch auf dem Jamlitzer Grundstück. Es ist das wilde Immergrün aus Eresing, das dank der veränderten Boden- und Kleinklimaverhältnisse nun problemlos gedeiht. In diesem Frühjahr hat es ungewöhnlich reich geblüht. Lag es am trockenen Sommer oder lag es am ziemlich feuchten, wenn auch nicht kalten Winter, oder gar an diesem unfreundlichen Frühling? Oder sind es alle Faktoren zusammen? Aber es werden auch wieder blühschwache Jahre kommen. Vermutlich wären dann die Auslese-Sorten der Wildart überlegen, von denen es heißt, sie seien besonders blühstark. So werde ich es also auch mit ihnen versuchen, mit der dunkelblauen Sorte 'Bowles' und vielleicht auch mit 'Alba', weiß blühend.

Vor einigen Jahren begann ich ein Experiment mit Vinca minor, pflanzte einige an verschiedenen Stellen des Waldes aus. Ich wollte probieren, ob Vinca fähig ist, gegen Efeu anzukommen. Zu meiner Verwunderung hat es sich viel schneller als erwartet ausgebreitet. Und dort gibt es erfreulicher Weise auch weniger Efeu. Durch den Erfolg ermutigt, wurden vor 2 Jahren weitere Versuchspflanzungen vorgenommen. Der Anfang ist zwar schwer und geht langsam voran, aber auch diese neuen Stellen konnte man dieses Jahr dank der blauen Blüten leicht finden.

Doch nun die Frage, ist Vinca dem Efeu wirklich überlegen? Wenn ja, dann liegt es wohl daran, dass das Immergrün nach oben wachsende Triebe bildet, die über den Efeu fallen, wenn sie eine bestimmte Höhe erreicht haben. Der Efeu kommt dieser Prozedur entgegen, weil er flach am Boden wächst und, so vom Immergrün zugedeckt, beschattet wird. Ich bin nicht etwa ein Feind von Efeu. Nur nimmt er zur Zeit bei uns so überhand, dass von einem Gleichgewicht nicht mehr die Rede sein kann, Er deckt einige Waldflächen komplett ab und wird zur Plage vieler Bäume und Stauden.

Zuletzt die Frage, ob das wunderschöne Große Immergrün (Vinca major) durch die steigenden Temperaturen jetzt mehr Überlebenschancen hat. Eine Pflanze gedieh in Jamlitz über mehrere Jahre, erlag dann aber offenbar einem Starkfrost. Denke ich an den letzten Winter 22/23, so war er im Schnitt zwar sehr mild, hatte aber zwei kurze, gefährliche Kältephasen. Gefährlich, weil die Pflanzenwelt kälteentwöhnt war. Für Vinca major sollte man einen besonders geschützten Platz suchen oder dieses schöne Immergrün mit Reisig abdecken.

Christian Seiffert
aus Jamlitz und Eresing Seit 2001 experimentiert Christian Seiffert parallel in zwei geographisch weit auseinanderliegenden Gärten: in Oberbayern und in der Niederlausitz, im Land Brandenburg.
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Text: Christian Seiffert
Foto Vinca minor und Efeu: Christian Seiffert
Fotos: Staudengärtnerei Gaißmayer