Bärlauch für Nase, Augen und Gaumen
Ein Beitrag von Wolfram FrankeWenn ich der Coronapandemie und dem damit verbundenen Maskengebot etwas Gutes abgewinnen kann, dann die Tatsache, dass die Maske Mundgerüche, die wir gemeinhin als „Fahne" bezeichnen, gnädig verdecken. Nicht nur die von alkoholischen Getränken, sondern auch die von Knoblauch und die ihr ähnlich riechende Bärlauchfahne.
Bärlauch wächst nahezu im Überfluss in unseren beiden Gärten. Dabei kann ich mich nicht mehr genau erinnern, wann und wie ich ihn darin angesiedelt habe. War es eine Tüte Samen, die ich einmal im Hausgarten ausgestreut habe oder steckte ich ein paar Bärlauchzwiebeln in den Boden? Vielleicht machten aber auch ein paar ausgewachsene Pflanzen den Anfang. Jedenfalls breitete sich der erste Bestand einiger zarter Blätter an einer halbschattigen Stelle am Rand des Hausgartens sehr schnell aus. Davon habe ich dann wohl (so muss es gewesen sein) ein paar Pflänzchen in meinen Kreativgarten auf dem Vaterstettener Reitsbergerhof mitgenommen und an den Fuß der Linde gepflanzt. In den darauf folgenden Jahren grub ich immer wieder ein paar Pflanzen aus, teilte und verteilte sie unter den Sträuchern auf der Nordseite des Erdwalls. Aber das ist schon lange nicht mehr nötig. Dieses delikate Gewächs mit dem wohltuenden Knoblauchduft breitet sich ganz von selber immer weiter aus. Und es ist anspruchslos. An halbschattiger Stelle und bei dem mit Laubhumus bedeckten immer etwas feuchten Boden kommt es zuverlässig jedes Jahr wieder.
In den letzten Wochen haben wir immer wieder, manchmal täglich, Bärlauch geerntet. Meine Frau hat ihn zu Bärlauchpesto und Bärlauchbutter verarbeitet, eine Bärlauchcremesuppe gekocht und die Blätter in den Salat und was weiß ich wo mit eingemischt. Ich verstehe nichts von den Zubereitungen in der Küche. Die überlasse ich meiner Frau. Dafür konzentriere ich mich auf die Anzucht und Vermehrung – das ist bei Bärlauch die leichtere Übung.
In der Natur gedeiht Bärlauch in Auwäldern oder Laubmischwäldern. Dort kann man die Blätter auch sammeln, doch wird vor der Verwechslungsgefahr mit den hochgiftigen Blättern von Maiglöckchen und den tödlich wirkenden Blättern der Herbstzeitlose gewarnt. Stehen Bärlauch und diese Pflanzen nebeneinander, ist der Geruch des Bärlauchs als Unterscheidungsmerkmal keine gute Hilfe. Denn hat man einmal ein paar Bärlauchblätter gepflückt, haftet deren Geruch an den Fingern, und das Aroma des Bärlauchs überdeckt jeden anderen Geruch.
Von Maiglöckchen unterscheidet sich Bärlauch durch die Blätter: Beim Maiglöckchen sitzen sie zu zweit an einem Stiel und sind zunächst von einem Hüllblatt umschlossen, Bärlauch hingegen weist nur ein Blatt pro Stiel auf. Zudem treibt das Maiglöckchen später aus als Bärlauch. Die hellgrün glänzenden Blätter der Herbstzeitlosen wachsen ungestielt aus einer Rosette. Im Gegensatz zum Bärlauch gedeiht sie nicht im Wald sondern auf feuchten Wiesen.
Im Garten haben wir es in der Hand: Wir können Maiglöckchen und Herbstzeitlose auf der einen Seite und Bärlauch weit entfernt von diesen beiden an ganz anderer Stelle pflanzen. Ober wir verzichten ganz auf Maiglöckchen und Herbstzeitlose, wenn uns der Bärlauch mehr wert ist als beide zusammen. Doch wenn alle drei im eigenen Garten wachsen, dürften wir sie mit der Zeit so gut kennen, dass wir sie nicht mehr verwechseln. In unserem Garten sind Maiglöckchen nie so recht gediehen. Die Herbstzeitlose schon, zumindest bildet sie jedes Frühjahr große, kräftige Blätter aus. Aber unser Bärlauch wächst an entgegengesetzter Stelle. Verwechseln können wir die beiden nicht.
Für mich ist Bärlauch auch eine Zierpflanze. Ich mag die weißen Blüten und den Bärlauchduft. Vor einigen Jahren sah ich auch einmal in England einen Garten mit einem Buchenhain, dessen Boden mit weiß blühendem und duftendem Bärlauch überwuchert war. Und zu meinem Erstaunen entdeckte ich an der Wand eines Hauses ein Rosenbeet, dessen Rosen aus einem Bärlauchteppich emporragten. Beide, Bärlauch und Rosen sahen sehr gesund aus, geschadet hat ihnen die Nachbarschaft sicher nicht. Ganz im Gegenteil!
Text und Fotos: Wolfram Franke