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Ein Gärtnerleben: Johannes Böttner
Ein Beitrag von Christian SeiffertIn unserer Familie gab es ein Gartenbuch für alle Fragen des Gartenbaus. Mein Vater besaß eins, mein Großvater ebenso. Und so nimmt es nicht Wunder, dass auch ich eins besitze: "Das Gartenbuch für Anfänger" von Johannes Böttner. Ehrlich gesagt, ich besitze nach langer Zeit der Entbehrung wieder eins, nein drei davon, nun aus einer Liebhaberei heraus. Das älteste davon stammt aus dem Jahre 1895, das zweite von 1940, das dritte von 1962, die 32. Auflage. Dieses Gartenbuch war ein Bestseller über 67 Jahre hinweg. So etwas gibt es ganz selten. Die beiden jüngeren Bände sind nur Sammelobjekte, sie spiegeln, immer wieder leicht verändert, die Zeit wieder. Der Band von 1940 belegt, dass selbst ein harmloses Gartenbuch für Blut-und-Boden-Propaganda herhalten musste. Dafür sind die hervorragenden Stahlstiche der Erstausgabe durch sehr schlechte Foto-reproduktionen ersetzt worden. Die 62er Ausgabe bringt den Garten mit DDT und E 605 auf Vordermann. Habe ich eine Gartenfrage, dann wende ich mich vertrauensvoll an den "Alten Böttner", nicht an die späteren Bände.
Wer war dieser Johann Böttner? Geboren wurde er 1861 in Greußen, einer Kleinstadt in Thüringen. Sein Vater, Theodor B. hatte eine "Kunst- und Handelsgärtnerei". Johann lernte Gartenbau, vermutlich erst beim Vater, dann u.a. bei Nicolas Gaucher in Stuttgart. Gaucher, französischer Herkunft, besaß dort eine Baumschule und gründete eine Gartenfachschule. Als Pomologe befasste er sich mit dem Formobstbau, als dessen Begründer er in Deutschland gilt. Böttner setzte seine Lehr- und Wanderjahre in Frankreich und England fort, kehrte dann eines Tages in den väterlichen Betrieb zurück. Kaum zu Haus bekam er ein erstaunliches Angebot. Die Hofbuchdruckerei Trowitzsch in Frankfurt/Oder wollte mit ihm eine Gartenzeitschrift begründen. 1886, Böttner ist 25 Jahre alt, kommt die erste Nummer vom "Praktischen Ratgeber im Obst- und Gartenbau" heraus. Die Zeitschrift wird gut angenommen. Sie richtet sich an Klein- und Hausgärtner, eine breite Leserschaft. Die Zeitschrift existierte bis 1935. Da wurde sie in "Deutscher Garten" umgetauft und der braunen Zeit entsprechend redigiert. Böttner hat das nicht mehr erlebt, er starb schon 1919 in Frankturt/Oder.
Böttner war aber ein Praktiker, den das Arbeiten am Schreibtisch allein nicht befriedigen konnte. So gründete er ebenfalls im Jahr 1886 einen Gartenbaubetrieb in Frankfurt/Oder, der sehr bald von sich reden machte. Seine Spezialitäten waren der Spargel, Rhabarber, Gemüse und Blumen. Man kann sicher sein, dass er nichts publizierte, ohne es zuvor ausprobiert zu haben. Auch als Züchter war er tätig. Er galt zu seiner Zeit als wichtigster Erdbeerzüchter Deutschlands. Sorten von ihm: "Sieger", "Flander" und "Deutsch Evern". Es entstehen bei ihm neue Spargelsorten wie "Böttners Riesen" und verschiedene Rosen, wie die Rankerose "Fragezeichen" und die Teehybriden "Natalie Böttner" und "Frankfurt".
Besonders engagiert hat er sich für die Tomaten. In der Erstausgabe vom Gartenbuch für Anfänger (1895) werden sie noch als "seltene Gemüse" aufgeführt. Das sollte sich aber dank seiner Aktivitäten bald ändern. Er baute über 20 verschiedene Sorten in größeren Mengen an, musste aber die Masse der Ernten später an die Schweine verfüttern, weil die Brandenburger sich für diese Früchte nicht erwärmen konnten. Erst nachdem der Frankfurter Gartenbauverein 1903 ein Tomatenfest veranstaltet hatte, auf dem verschiedene Tomatengerichte angeboten und Rezepte verteilt worden waren, ging es mit der Tomate bergauf. Ähnlich positiv wirkten sich seine Rhabarber-Aktivitäten aus. Rhabarber war um die Jahrhundertwende noch ein Neuling!
Auch wenn einige Züchtungen Böttners noch existieren, auch wenn die Tomate heute eine Selbstverständlichkeit in Gärten und Küchen sind, wenn der Name Böttner fällt, dann allein wegen seines Buches "Gartenbuch für Anfänger". Es stellt den Anfang der modernen Hilfsliteratur für Amateurgärtner dar und zugleich auch schon wieder ihr Ende. Denn es ist nicht viel besseres danach erschienen. Die Sprache ist klar und direkt, der Leser wird unmittelbar angesprochen. Das Buch ist kein Lehrbuch, sondern, fast möchte man sagen, gärtnerische Unterhaltungslektüre. Dabei aber sind die Informationen sofort und leicht nachvollziehbar, auch heute noch.
Text und Fotos: Christian Seiffert